Navka, eine in der Ukraine populäre Popsängerin und Komponistin, ist nicht überrascht, als die Russen am 24. Februar die Ukraine angreifen. “Der Krieg begann schon 2014”, sagt sie.
Damals besetzte Russland die Krim. Sie fühle sehr patriotisch, erzählt sie. Ihr Mann habe bereits 2014/15 gegen die russische Okkupation gekämpft.
Als sich der Konflikt zuspitzt, bereiten sich die ukrainische Künstlerin und ihr Mann schon auf einen neuen Angriff vor. In ihrer Wohnung in Kiew horten sie, was man für einen Notfall braucht.
Trotzdem erlebt sie den großen Angriff als Schock.
“Wir sind aufgewacht und haben die Explosionen gehört”, erzählt sie. In den sozialen Medien sehen sie, dass in vielen Städten Bomben explodieren und Raketen einschlagen. Gewalt in einem solchen Ausmaß habe sie sich nicht vorstellen können.
In ihrer Wohnung schaut sie aus dem Fenster. Sie sieht Menschen auf der Straße, die Autos beladen und wegfahren. Navka und ihr Mann wollen jedoch bleiben. Nur für ihren neunjährigen Sohn haben sie eine Fluchtmöglichkeit vorbereitet. Ein Nachbar soll ihn mitnehmen, wenn er Kiew verlässt.
Daraus wird jedoch nichts. Als sie anfragen, ist im Auto des Nachbarn kein Platz mehr frei. Navkas Plan, sich dem Zivilschutz anzuschließen, ist damit geplatzt. Die 34-Jährige und ihr Mann bleiben zunächst in Kiew. Nach ein paar Tagen erhält der Mann ein Mobilmachungsschreiben.
Navka bereitet ihren Sohn weiter auf alle Eventualitäten vor. Sie gibt ihm eine Liste mit Kontaktdaten von Freunden, Bekannten und öffentlichen Institutionen. Dann spielen sie ein Spiel: “Wohin kannst du gehen?”
In den Wirren des Krieges haben sie aber Glück. Sie werden nicht getrennt. Als ihr Mann zum Militär eingezogen wird, hat sie hingegen kaum Zeit, sich von ihm zu verabschieden. Dann verlässt sie Kiew. Mit dem neunjährigen Sohn fährt sie nach Chernivtsi nahe der rumänischen Grenze zu Verwandten, bei denen bereits ihr elfjähriger Sohn lebt.
Chernivtsi ist schon mit Flüchtlingen überfüllt. Die Verwandten haben das Café, das sie betreiben, umgebaut, so dass sie in den Räumen bis zu 50 Geflüchtete aufnehmen können. In Telefonaten hört Navka von Gräueltaten russischer Soldaten. Dann wird das Atomkraftwerk in Saporischschja Ziel eines russischen Angriffs. Freunde aus Portugal, Bulgarien und aus der Nähe von Braunschweig melden sich, und bieten ihr an, sie aufzunehmen. “Aber ich wollte in der Ukraine bleiben, um dort zu helfen”, erzählt Navka.
Trotzdem beginnen in ihr, die Zweifel zu nagen. Als ein Freiwilliger aus Dresden anbietet, sie mitzunehmen, überlegt sie, ihm die Kinder mitzugeben, damit sie in Sicherheit sind. “Ich glaube, in dem Moment habe ich jedoch eigentlich schon die Entscheidung getroffen, zu fliehen”, sagt sie rückblickend.
Noch bleibt sie. Aber sie packt bereits ihre Sachen. Als der Deutsche einige Tage später zu einer weiteren Tour nach Dresden aufbricht, steigt sie mit ihren Kindern ins Auto. Es geht so schnell, dass sie ihren Mann nicht einmal mehr benachrichtigen kann. Über Rumänien, Ungarn, die Slowakei und Tschechien gelangt sie schließlich zu den Freunden nach Veltheim. Später kommt sie mit ihren Kindern in Apelnstedt unter.
“Es ist schwierig”, sagt sie: Sie habe geweint, als sie mit ihrem Mann telefoniert habe. Er kämpft in der Ukraine und hat gefroren, und ich habe hier in der warmen Badewanne gesessen.”
Aber auch ein Lied sei eine Waffe.
Navka unterstützt die ukrainische Sache mit ihrem Gesang. Sie tritt bundesweit als Sängerin auf. Mit den Einnahmen aus den Konzerten sollen Fahrzeuge für die Einheit ihres Mannes finanziert werden.
Wir organisieren Unterkünfte, Veranstaltungen und vieles mehr für Flüchtlinge aus der Ukraine. Viele Familien benötigen ein neues Heim. Wir geben den Ukrainerinnen und Ukrainern hier eine Plattform um ihre Geschichten zu erzählen.
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